Prokratinationspost

Im Hause Anders ist es derzeit ganz still, aber nur virtuell. Im echten Leben da draußen wirbelt und tobt es vor sich hin, daß es eine wahre Pracht ist und ein Ereignis jagt das Nächste in unerbittlichem Tempo. Und da ich eine riesige Menge an wirklich lebensnotwendig dringendsten Dingen zu prokrastinieren habe, schreib ich natürlich ausgerechnet jetzt mal wieder was statt wichtigeres zu tun.

Aber das ist eine Sache die ich in letzter Zeit bei mir geändert habe. Ich arbeite einfach nicht mehr, wenn der Flow fehlt und mache das was irgendwie flowiger erscheint und mir in den Situationen quasi zufällt. Ganz oft ist das aufräumen (ja, ich, als alte Chaosqueen!!!) oder eben schreiben, Internet surfen, lesen… Ich quäle mich jetzt nicht mehr damit damit Dinge zu tun, wenn ich es grade nicht „kann“ nur weil grade die passende Zeit dafür ist und es morgen nicht mehr gehen würde. Also zumindest soweit es möglich ist, im Job und als Mutter geht das manchmal halt nicht, aber es gibt noch genug Dinge bei denen das gut möglich ist und ich gestatte mir notfalls auch bis zum allerletzten Moment zu warten an dem eigentlich alles zusammenbricht um dann wie ein Phönix aus der Asche emporzusteigen und meine Superkräfte auf den Tisch zu packen um dann doch noch alles zu schaffen. Wahrscheinlich brauche ich den Flow der Prokrastination als Antrieb um dann die wirklich wahren Superkräfte entwickeln zu können. Zumindest passiert es immer und immer wieder genau so. Langsam schaffe ich es auch, mir selber in dem Thema zu vertrauen daß genau das auch wieder eintreten wird. Selbst wenn vorher keinerlei Anzeichen zu sehen sind daß ich mich überhaupt jemals nochmal aufraffen könnte. Das ist echt schwer, in sich selber zu vertrauen obwohl man sich ja eigentlich schon ganz gut kennt. Aber ich in dem Thema bin noch nie von mir selber enttäuscht worden und ich glaube fest daran daß ich sowieso ein Glückskind bin daß aus jeder noch so großen üblen Situation wieder rauskommt um was Gutes draus zu ziehen. Einfach nur weil ich es kann und wohl auch irgendwie voll drauf habe, wie meine Oma immer sagte, aus Schiet Böngers zu machen. Ich habe es wirklich immer irgendwie geschafft aus unschaffbaren Dingen in den krassesten Variationen halbwegs unbeschadet herauszukommen. Da kann ich doch die 2 Tage Steuerabgabefrist bei komplett nachzuholender Buchhaltung und Fahrtenbuchnachgeschreibe (danke liebe Zettelsammlung) für 1 Jahr, bei der parallelen Betreuung eines Welpen und eines Kleinkindes mal schnell durch Bloggeschreibe in der einzig freien Stunde in denen alle schlafen prokrastinieren.

Fühlt sich trotzdem sehr gewagt an. Egal, ich KANN es ja grade eh nicht tun, also was solls…

Eigentlich wollte ich euch auch berichten was ist in der Zwischenzeit passiert ist. Also wir haben jetzt einen Wuffi mit dem wir 2 Wochen gleich nach Abholung im Urlaub auf Hiddensee waren. Ein kleiner schwarzer Labrador mit großen braunen Augen. Es ist superanstrengend aber mindestens nochmal doppelt so schön endlich wieder einen Hund in unserem Hause zu haben. Das hat mir die letzten Jahre soooo sehr gefehlt und man kann gar nicht beschreiben was ein Hund mit einem durch seine reine Anwesenheit machen kann. Ich leide zB. unter akutem Schlafmangel weil ich echt oft noch Nachts raus muß mit ihm, aber es macht mir rein gar nichts aus. Ich bin fit wie ein Turnschuh. Ich habe superviel Spaß mit ihm und er hoffentlich auch mit mir. Es war eine großartige Idee mit dem Kleinen sofort in den Urlaub zu fahren. Etwas wo jeder Hundefreund die Hände über den Kopf zusammenschlagen würde. Wir haben es der übervorsichtigen Züchterin auch nicht erzählt. Zum Glück, denn wann immer ich ein halbwegs neutrales Foto in unsere Whatsappgruppe schickte bekam ich wegen allenmöglichen Sachen gleich Mecker. Das Spielzeug wäre zu fusselig, das Schweineohr ein neues Nahrungsmittel, der Raum zu wenig abgezäunt etc.

Wenn die wüßte was der kleine Wuff derzeit alles tolles erlebt hat mit uns im Gegensatz zu seinen Geschwistern die im „geschützten Garten“ nach Zeitplan X alleinesein üben müssen und geschont werden bis zum geht nicht mehr. Wir haben derzeit am Ostseestrand getobt, waren baden, Kutsche- und Autofahren, wandern mit Wuff im Tragetuch (der darf ja noch nicht so viel laufen), haben Menschen, Kinder, Tiere, Pflanzen getroffen, sind im Fahrradanhänger gefahren, waren mehrfach im Restaurant, er hat alles gefressen und angeknabbert was er finden konnte etc. etc. Das alles natürlich in absoluter Entspannung der ganzen Familie und wohldosiert mit kräftigen Schläfchen hinterher. Es gab kein Gejaule wegen der Geschwistertrennung, er ist inzwischen fast komplett stubenrein, er geht prima an der Leine, hört auf erste Grundkommandos, hat vor nichts Angst und bleibt bei allem Neuen tierisch gelassen und vor allem er liebt uns abgöttisch. Wir haben auch einen Fehler im Freßplan der Züchterin entdeckt der die doppelte Menge Fressen vorsieht als überhaupt gut wäre für ihn. Haben uns anfangs immer gewundert, warum wir so viel wegwerfen müssen und die Züchterin machte uns schon richtig Angst daß er bloß auffressen sollte weil er ja eh schon immer eher ein zarter Esser wäre und das wäre ja gaaaaaanz schlimm weil er nicht genügend zunehmen würde. Zum Glück ist er ein sanfter Esser, denn er hat ungefähr das gefressen was auch gut ist für ihn. Im Gegensatz zu seinen verfressenen Geschwistern die nun alle Schelte von den Tierärzten bekommen weil sie alle extrem zu fett sind. Aber wehe ich hätte erzählt daß er bis heute nur die Hälfte der von ihr festgelegten Menge bekommt aus den und den Gründen… Naja, nun entscheiden zum Glück wir wie der Wuffi aufwächst und bisher hat es sich als richtig erwiesen auf unser Gefühl und unsere Erfahrung mit Hunden zu vertrauen. Nun sind wir zu Hause und auch hier war die Eingewöhnung überhaupt kein Problem. Wir sind glaub ich manchmal echt total anders, aber das ist auch gut so.

Nun holt mich langsam der Alltag wieder ein und der innerliche Abgleich meines jetzigen Lebens hier mit dem Urlaub in der gut bekannten wunderschönen Einöde muß auch erstmal verdaut werden. Ja, ich liebe es so menschenleer wie möglich zu leben und wenn Menschen dann welche um mich zu haben die ebenso „anders“ sind. Ich mag Wasser, Wald, Tiere und vor allem Stille. Stille heißt nicht daß man nichts hört, aber Ruhe vor Menschengeräuschen ist das Größte. Ich lebe gerne ohne Zeit und Raum, einzig getrieben von dem Moment. Ich wäre gerne jobmäßig irgendwie anders tätig und ich hab zB. die Dame sehr beneidet die am Strand bei Sonnenuntergang kleinen Kindern Märchen vorliest, ich könnte mir wirklich vorstellen Kutscher zu sein (wenn all die Silberlocken auf der Kutsche nicht wären), Pferdeapfelaufsammler, Bernsteinschleifer, Maler, Bildhauer, Friedhofsgärtner…egal was, nur dort oder an einem ähnlichen Ort.

Ich möchte gerne meine Zukunftsvision haben, JETZT!!! Mit euch als Mitstreitern wäre es perfekt.

(https://andersfamilie.wordpress.com/2015/06/26/so-will-ich-mal-leben/)

Chaos im Außen, Struktur im Kopf

Wie habt ihrs eigentlich mit Regeln und Struktur? Für mich ist es wohl wichtiger als ich manchmal glaube, dennoch gelingt es mir einfach nicht mein Leben in eine gewisse Struktur zu drücken. Dabei denke ich in Strukturen und wünsche mir nichts mehr als etwas mehr klarere Abläufe, weil das für mich Kontrolle und Planbarkeit bedeutet. Ich dachte immer Autisten wären alle immer so voll strukturiert, mit sauberen Wohnungen, gut sortieren Bücherregalen und festen Tagesabläufen. Ich hingegen schaffe es aber nichtmal, meinen Alltag und unsere Wohnung vernünftig zu strukturieren. Was ihr sehr ist die Oberqueen des Chaos, jemand der alles stehen und liegenläßt, der ständig vergißt wo er etwas hingelegt hat, der zerstreut und faul wirkt. Dabei bin ich eigentlich der ordentlichste und strukturierteste Mensch den ich kenne. Im Inneren halt. Ich schaff es einfach nicht, das Außen passend zu gestalten und wenn es doch mal klappt, kippt der Zustand in kürzester Zeit wieder um. Der Berg der im Außen noch fehlt ist einfach zu groß, die Ablenkbarkeit und Konzentrationsprobleme tun ihr Übriges dazu und so sehne ich mich also nach Ordnung und Struktur und das Chaos um mich herum wächst und wächst. Ich fühle mich dem total hilflos ausgeliefert. Ich glaube manchmal daß genau das meine größte Behinderung ist. Es bei allem Bemühen einfach nicht zu schaffen, was in meinem Kopf so klar und einfach ist. Mich an meine eigenen Regeln zu halten, Abläufe immer gleich zu gestalten, Dingen einen festen Ort zu geben usw. So sortiere, ordne und plane ich immer und immer wieder. Also im Kopf. Keine Sekunde in meinem Leben geht ohne das Denken an Ablaufpläne, Listen, Strategien. Das klaut mir eine Menge Zeit, Energie und Gedanken für andere Sachen, die vielleicht wichtig wären. Ich hab keine Ahnung wie man es schaffen kann.

Schon verrückt, denn mein Aspergermann beherrscht genau das bis zum Endgrad der Perfektion und wenn es ihn nicht gäbe, würde hier rein gar nichts mehr laufen in Familie und Haushalt und ich würde wahrscheinlich überfordert schaukelnd und stockdepressiv in der Ecke hocken während meine Wohnung aussieht wie die eines Messies. Aber so gut wie das auch ist, jemanden zu haben der mich etwas leitet und führt, desto schlimmer ist es auch für mich zu sehen wie einfach es alles für ihn ist. Das kann MAN doch „einfach“ mal machen. warum kann ich das denn nicht? Er ist genau das Gegenteil von mir und für ihn ist das Thema Ordnung und Struktur das leichteste der Welt. Ich bekomme somit auch ständig indirekte Kritik, daß ich dieses oder jenes ja ruhig mal hätte tun können. Niemand sieht daß ich es einfach nicht KANN. Es ist nicht das mangelnde Mühegeben oder Faulheit. Ich KANN es einfach nicht! Und meine NT Sozialisierung tut ihr übriges daß bei jedem Fünkchen Kritik sofort der blöde Denkapparat angeht und ich ewig überlege was alles schlecht ist an mir, daß ich nicht geliebt bin und was weiß ich nicht noch alles.

Wie komm ich da nur wieder raus?

Da geht es schon los

Warum bastel ich hier eigentlich diesen Blog? Ganz einfach, weil ich Zeit habe und eigentlich ganz viel erledigen wollte. Kennt ihr das? Wenn etwas wichtiges ansteht und grade der Kleinkram an Aufgaben einfach innerlich zuviel wird, dann brauche ich irgendwie etwas anderes zum fokussieren und um wieder runterzukommen. Ich habe heute ausnahmsweise mal frei und wollte eigentlich, nachdem ich das Tochterkind in die Kita gebracht habe gleich danach (damit ich mich nicht wie immer drücke oder ewig die Zeit vertüddel) noch zum Baumarkt etwas kaufen, dann bestellte der Mann noch einen Packen Unterwäsche (es muß ja immer die selbe aus dem selben für mich oberschrecklichen Laden sein) und ich wollte noch etwas einkaufen. Dann hätten wir alles beisammen, und wenn er heute um 14 Uhr Feierabend hat, fahren wir zu seinen Eltern zum Kaffeetrinken. Kann ja nicht so schwer sein, oder?

Das war der Plan, es kam aber nun so:

Das Tochterkind kam heute schwer aus dem Bett, dann wollte es auch noch was anderes frühstücken als sonst und brachte damit alle meine Routinen durcheinander. Hey, das ist echt gemein, denn grade morgens geht mein Hirn doch noch nicht so gut und ich brauche 10x länger zum umdenken und umplanen all dieser kleinen Dinge die mit sowas zusammenhängen.  Auf jeden Fall waren wir im Ergebnis viel zu spät dran. Ach ja, und dann mußte ich auch noch Schwimmsachen raussuchen anstelle wie sonst immer die Sportsachen, denn heute wollten sie auch in der Kita mal alles anders machen. Nachdem ich alles zusammengeraffelt habe, fiel mir ein daß ich ja noch was vorhatte nach der Kita. Mist! Denn dazu hätte ich jetzt noch etwas Vorbereitungszeit benötigt für Geldbörse suchen, mich landfein machen, mir eine Einkaufsliste zu schreiben (ich bin ein schrecklicher Listenfetischist. Ohne Listen geht bei mir ja gar nichts), mir einen Plan zu überlegen welche Wege ich in welcher Reihenfolge fahre usw. Okay, fix im Hirn alles umgeplant. Dann fahre ich halt nach der Kita nochmal nach Hause, erledige alles was ich zum einkaufen vorab benötige, denke ne Runde darüber nach wie ich das am besten gestalte und fahr danach los. Das wäre ja auch viel entspannter so….In der Kita angekommen, Kind ohne größere Zwischenfälle abgegeben, spricht mich plötzlich im rausgehen eine Mutter an und will mit mir ne Runde smalltalken. Hey, das machen die sonst nie! Dabei wünsche ich mir das manchmal auch ab und zu mal wie alle anderen da stundenlang vor der Kita zu stehen und über Belanglosigkeiten zu reden. Aber doch nicht ausgerechnet heute!!! Also hab ich versucht, dieses Gespräch so kurz wie möglich zu gestalten und zu drängeln daß ich ja totaaaal dringend losmüsse. Das war bei dieser Mutter echt schwer und dauerte gefühlt Ewigkeiten bis ich da wegkaum aus ihren Fängen. Als ich im Auto ankam und 3x durchschnaufte, überfiel mich dann allerdings eine abgrundtiefe Traurigkeit. Ich fand diese Mutter eigentlich doch immer ganz nett und eigentlich hätte ich mich doch freuen müssen. Ich mache mir ja mein Leben immer selber schwer….ich müsse mich ja nicht wundern daß mich niemand möge usw. Egal…schnell wegdrücken diese Gedanken und schnell nach Hause, hab ja noch was vor. Kaum zu Hause angekommen, mußte ich erstmal aufs Sofa zum erholen. Rechner geschnappt, wieder auf 1000 Ideen gekommen. Eierbecher bräuchten wir doch noch, ach ja und guck doch nochmal ob jemand Brennholz für unseren Ofen verschenkt, wie hieß eigentlich nochmal diese Schmerzsalbe die mein gebrochener Fuß grade so gut gebrauchen könnte? Ich wollte doch schon immer mal die Fensterbretter so richtig porentief saubermachen und ich hätte ja auch jetzt genau Zeit dafür….gesagt getan. Erstmal putzen. Danach wieder kurz ausruhen. Dann stelle ich fest, wie komisch ich manchmal bin und komme ich auf die Idee einen Blog zu eröffnen. Das hier ist das Resultat. Ich traue mich gar nicht mehr loszufahren, denn dann müßte ich ja auch noch in diesen schrecklichen H&M, den ich am liebsten nur mit Gehörschutz, Nasenklammer, Sonnenbrille und an Tagen in denen niemand dort einkauft betrete. Ich hab auch vergessen, was ich eigentlich nochmal im Baumarkt wollte. Mit fiel ein, daß ich mit meinem gebrochenen Fuß auch einige der besonders schweren Erledigungen lieber nicht machen sollte. Ich sitze hier zwischen Selbstvorwurf und Verzweiflung und komme einfach nicht ins Handeln.  Inzwischen blinkt mein Handy und ein lieber Freund fragt mich, ob ich nicht vielleicht mit ihm in 30 Minuten in der Mittagspause mit ihm spazieren wolle. Ich wäre doch schließlich in der Zeit bei ihm um die Ecke einkaufen. Waaaaaaaaaaaaah!!!! Schockstarre, wo bist du?

Es ist echt schlimm, wenn man das so selber mitbekommt was da verkehrt läuft in einem. Ich glaube manchmal, ich hab echt nen Vollschaden.